Haus von Emílie und Jiří Palička

Das Einfamilienhaus von Mart Stam, dem einzigen ausländischen Architekten und dem niederländischen Avantgardisten, für den Bauingenieur Jiří Palička und seine Frau Emilie, die Textilkünstlerin und Klöpplerin, unterscheidet sich auf den ersten Blick in seinem longitudinalen räumlichen Konzept. Das Haus liegt an einem steilen Hang und wirkt dank der subtilen Stahlbetonkonstruktion mit Säulen in der Südfassade luftig. Dieser luftige Eindruck wird auch durch den halboffenen Raum der Terrasse im Erdgeschoss (nicht der Terrasse auf dem Dach) verstärkt. Diese ist mit einer geschossigen „Markise“ eines durchgehenden Geschosses mit Schlafzimmer abgedeckt. Es sei erwähnt, dass die Leichtigkeit und Luftigkeit des Entwurfs von Stam an die Klimabedingungen in Prag nicht optimal anpasst wurden. Das minimalistische Interieur war das Werk von Ladislav Žák. Die Renovierung des Hauses einschließlich des Bürgersteigs und der Umzäunung wurde vom derzeitigen Eigentümer mit großer Sensibilität nach dem Entwurf vom Architekten Ladislav Lábus durchgeführt. Das Palička-Haus ist ein großartiges Beispiel dafür, wie die Baba-Siedlung ihren ursprünglichen einzigartigen Charakter wiedererlangen kann.

Architekt

Mart Stam

(* 1899 Purmerend, Niederlande +1986 Goldach, Schweiz)

Niederländischer Architekt-Autodidakt, Stadtplaner und Möbeldesigner, Gründungsmitglied der internationalen ideologischen Gruppe CIAM (Internationale Kongresse Moderner Architektur), arbeitete in den Ateliers von Hans Poelzig und Bruno Taut, Direktor des Instituts für Kunstgewerbeunterricht in Amsterdam, Rektor der Akademie der bildenden Künste in Dresden, und Rektor der Hochschule für angewandte Kunst Berlin-Weißensee. Er war der einzige ausländische Architekt in der Baba-Siedlung, wo er eine Villa für den Bauunternehmer Palička und seine Frau Emilie entwarf, die von seiner Arbeit in der Ausstellung in Stuttgart im Jahr 1927 begeistert waren. Sein Freischwinger für die Firma Thonet ist eine Ikone.

1917-1919
Studium an der Reichsakademie der Bildenden Künste Amsterdam 

1919
Arbeit im Büro der Architekten Marinus Jan Grandpré Molière, Pieter Verhagen und Albert J.T. Koka in Rotterdam 

1920-1922
wegen Verweigerung des Militärdienstes inhaftiert 

1922
Arbeit am Regulierungsplan für Den Haag

Abreise nach Berlin, Zusammenarbeit mit Max Taut und El Lissitzky

1923
Mitbegründer des Architekturmagazins „ABC – Beiträge zum Bauen“ in Zürich

1923-1924
Arbeit in Büro von Karl Moser in Zürich

1925-1928
Mitglied der niederländischen Architektengruppe „De 8“ später „De 8 en Opbouw“ 

1926-1927
Arbeit im Büro von Brinkman und Van der Vlugt in Rotterdam

1928-1930
Arbeit in Frankfurt am Main an Wohnprojekten für „Das neue Frankfurt“

1931-1934
Architekt und Stadtplaner in der Sowjetunion in der Arbeitsgruppe von Ernst May (Städtebauprojekte)

1935-1948
selbstständiger Architekt in Amsterdam 

1939-1948
Direktor des Instituts für Kunstgewerbeunterricht in Amsterdam 

1948-1952
Professor an der Akademie der bildenden Künste Dresden 

1950-1952
Rektor der Hochschule für angewandte Kunst Berlin-Weißensee 

1953
Rückkehr nach Amsterdam 

1966
Umzug in die Schweiz

Bedeutende Projekte

1926
Sessel aus Stahlrohren

1926-30
Tabakwarenfabrik van Nelle in Rotterdam 1930 (mit Johannes Brinkman und Leendert van der Vlugt) 

1927
Reihenhäuser in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart 

1929-1932
Hellerhof-Siedlung, Frankfurt am Main

1932
Einfamilienhaus von Emilie und Jiří Palička, Baba, Prag – Dejvice (Zusammenarbeit mit Jiří Palička)

1935
Reihenhäuser, Amsterdam

Eigentümer

Emílie und Jiří Palička

Auf der Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe in Paris erhielt Emilie Paličková 1925 den Großen Preis im Rahmen der Präsentation des Tschechoslowakischen Werkbundes. Der Bauunternehmer Jiří Palička hatte im Haus sein Büro und er arbeitete auch an der legendären Villa der Schauspielerin Lída Baarová und ihrer Familie im nahe liegenden Villenviertel Hanspaulka. Sie wurde von Ladislav Žák im Geiste eines Ozeandampfers entworfen und ihr ursprünglicher Charme wurde durch das Architekturbüro von Ladislav Lábus wiederhergestellt.