Villenkolonie Baba

WERKBUNDSIEDLUNG IN PRAG

1932

Moderne Haussiedlung

Europäisch

Die Villenkolonie Baba ist eine Wohnsiedlung, die in den 1930er Jahren in Prag erbaut wurde, und zwar als eines der ähnlichen Projekte in Mitteleuropa, die als „Werkbundsiedlung“ bezeichnet werden.

Modern

Das Ziel der Errichtung der Musterhaussiedlung war es, für das funktionalistische Wohnen zu werben.

Einzigartig

Die Einzigartigkeit der Werkbundsiedlung Baba besteht darin, dass sie als einzige aus Einzelvillen privater Investoren aus den Reihen der damals progressiv denkenden Persönlichkeiten der Prager Gesellschaft besteht.

Als Bestandteil des internationalen Projekts "Werkbund Estates in Europe 1927–1932" erhielt die Villenkolonie in der Denkmalschutzzone in Prag - Baba im Jahr 2020 die höchste Auszeichnung für Denkmäler – das Europäische Kulturerbe-Siegel. Diese Auszeichnung der Europäischen Kommission wird nur Denkmälern von europaweiter kulturhistorischer Bedeutung verliehen.

Prag hält Schritt mit Europa

Der Weg zu dieser prestigeträchtigen Auszeichnung war kein kurzer. Bereits 2013 traten die Vertreter aller sechs Orte, an denen die experimentellen Werkbundsiedlungen in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet wurden, wieder in Verbindung. Innerhalb der Arbeitsgruppe von Vertretern von Stuttgart, Brünn, Prag, Breslau, Zürich und Wien erfolgte eine lebhafte Kommunikation über die Pflege der Werte dieser einzigartigen Architekturensembles und über deren weitere Ausrichtung und neue Funktionen. Im Jahr 2016 mündete die intensive Zusammenarbeit in die Veranstaltung einer großen Ausstellung Der Weg zur Moderne. Werkbund-Siedlung 1927-1932“ im Architekturmuseum in Breslau. Der Höhepunkt der gemeinsamen Bemühungen der fünf Städte (mit Ausnahme von Zürich) unter der Leitung von Stuttgart war die Verleihung einer bedeutenden europäischen Auszeichnung, und zwar des Europäischen Kulturerbe-Siegels. 

Der erste Teil der Villen in Baba entstand als Reaktion auf die Initiative des Deutschen Werkbundes in der Zwischenkriegszeit 1927–1932. Im Namen des Funktionalismus und der sozialistische Faszination für kollektives Wohnen entwickelte der Werkbund einen fortschrittlichen und mutigen Ansatz für den Bau moderner Wohnsiedlungen (Kolonien) für die breiten Schichten. Er bot somit auch eine Lösung für die Wohnungskrise in europäischen Großstädten an. Der neue Wohnungsbau orientierte sich auf Einfachheit, Hygiene, Erschwinglichkeit und Geschwindigkeit der Bauausführung dank der revolutionären Technologie auf Basis des Stahlbetonskeletts und der vorgefertigten Materialien, die wie ein Puzzle zusammengefügt werden können. 

 

Das Ergebnis der intensiven Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen europäischen Werkbänden waren Ausstellungen des neuen Wohnens. Die erste Werkbundsiedlung Weißenhof wurde im Rahmen der Ausstellung „Die Wohnung“ in Stuttgart im Jahr 1927 vorgestellt. Sie entstand nach Entwürfen von heute schon legendären Architekten wie Le Corbusier, Walter Gropius oder Ludwig Mies van der Rohe (u.a. dem Autor der funktionalistischen Villa Tugendhat in Brünn). Danach folgten Ausstellungen wie Kolonie Nový Dům (Neues Haus) in Brünn, Wohnsiedlung WuWA in Breslau, Wohnsiedlung Neubühl in Zürich. In Prag war es die Villenkolonie Baba und in Wien die Musterhaussiedlung, an der auch der bekannte Architekt Adolf Loos teilnahm. Der aufkommende Faschismus neigte jedoch überhaupt nicht zu den gesellschaftspolitischen Experimenten der Moderne. Die Baba-Siedlung hatte Glück – sie ist eine der am besten erhaltenen Werkbundsiedlungen, die im Zweiten Weltkrieg nicht beschädigt wurde.

 

Vor der Eröffnung der Bauausstellung in Baba hat der Prager Bürgermeister Dr. Karel Baxa die Baustelle besucht...

Die Terrassen und Dächer der Häuser bieten einen außergewöhnlich schönen Blick auf Prag und die Umgebung.

Werkbundsiedlung Baba und ihre Einzigartigkeit

 

Obwohl die Baba-Siedlung als eine der sechs am meisten geschätzten Wohnsiedlungen mit dem Ziel, das funktionalistische Wohnen zu fördern, aufgebaut wurde, besteht sie als einzige aus Einzelvillen privater Investoren aus den Reihen der damals fortschrittlich denkenden Persönlichkeiten der Prager Gesellschaft besteht. Der Tschechoslowakische Werkbund unter der Leitung des Architekten Pavel Janák kaufte ein drei Hektar großes Grundstück im Stadtteil Dejvice – Baba (zwischen der St. Matthäus-Kirche und der Ruine Baba) und sprach eine besondere Gruppe vielseitiger Architekten und moderner Designer wie Ladislav Žák, Evžen Linhart, Josef Gočár oder Hana Kučerová-Záveská an. Dank der Verbindung der aufgeklärten Architekten, Bauunternehmer und gleich progressiv denkenden Investoren entstand ein einzigartiges Ensemble moderner Villen mit Terrassen und Flachdächern in schachbrettartiger Anordnung, das den Bewohnern jeder Villa einen herrlichen Blick auf das Panorama von Prag bot. Ein Entwurf für Gärten und öffentliche Räume war selbstverständlich.            

Der einzige am Baba-Projekt beteiligte Ausländer war der niederländische Avantgarde-Architekt Mart Stam, der den Bauherrn Jiří Palička und seine Frau, die Textilkünstlerin Emilia Paličková, auf der Ausstellung in Stuttgart so sehr beeindruckte, dass das Ehepaar ihn bat, seine Villa zu entwerfen. Die Palička-Villa gilt heute als Beispiel für einen sensiblen Ansatz bei der Renovierung dieser architektonischen und städtebaulichen Juwelen. In den Jahrzehnten seit ihrer Gründung haben die meisten Villen und ihre Umgebung eine Reihe von mehr oder weniger sensiblen Veränderungen erfahren. Die Verleihung der prestigeträchtigen Auszeichnung trägt zur Beschleunigen der gesamten Revitalisierung dieser städtischen Denkmalschutzzone zur Zufriedenheit der Einheimischen sowie Besucher dieses einzigartigen Prager Unikats bei.

So verging die Zeit